Die Tschirmaer Filialkirche Nitschareuth liegt zwar nur wenig südlich von Tschirma, aber noch heute muss der Pfarrer, will er nach Nitschareuth, weit außen herum fahren. Es sei denn, er wählt den beschwerlichen, aber landschaftlich reizvollen Fußweg durch das Tiefe Tal und dann hinauf in den Filialort. Seit dem Jahr 1622 war es der übliche Pfarrsteg. Vor dieser Zeit hatten die Kapläne von Greiz einen stundenlangen Fußmarsch über Berg und Tal und durch dunkle Wälder hinter sich, wenn sie im Greizer Filial Nitschareuth eintrafen. Oft kamen sie zur letzten Beichte Sterbender oder zur Nottaufe zu spät. Diese beschwerliche geistliche Versorgung in Notfällen und die Überlastung der Diakone, denen wegen der Zunahme der Stadtbevölkerung noch die Abhaltung der neu eingeführten Mittagsgottesdienste übertragen worden war, führten zur Einpfarrung nach Tschirma. Allerdings verging noch ein halbes Jahrhundert his zu jenem Vertrag mit dem Pfarrer, der die Nitschareuther in ihrer geistlichen Versorgung befriedigte.
Sie wollten schon damals den Tschirmaern nicht nachstehen. Man war ja nicht weniger als die im Pfarrort, man war, Bewohner wie Kirchgemeinde, wohlhabender. Nitschareuth und das eingepfarrte Dorf Daßlitz galten im ehemaligen Reußischen Unterland als reiche Gemeinden.
Etwas von dieser Wohlhabenheit zeigen noch heute die schönen Fachwerkhäuser dieses sauberen Dorfes, das sich am Eingang einer tiefen Schlucht zur Elster hin eine Anhöhe hinaufzieht.
Die von einem Kranz dunkler Wälder, von Schluchten und Bergen umschlossene Dorfflur, einsam gelegene ehemalige Mühlen und der früher gern besuchte Ausflugsort Neumühle im Elstertal fügen sich zu einer Landschaft von besonderem Reiz zusammen.
Dass in diesen Gründen und Wäldern und an den Wehren der Wilde Jäger, der Graue und andere ruhelose Geister umgehen sollten, nimmt nicht wunder. Auch beim Bau der Kirche hatten, wie bei der Tschirmaer Kirche, geheimnisvolle Mächte ihre Hand im Spiel, berichtet die Sage. Zwischen den beiden etwa gleich großen und wohlhabenden Gemeinden Nitschareuth und Daßlitz war es zu einem erbitterten Streit wegen des Standortes der Kirche gekommen. Schließlich einigte man sich, das Gotteshaus auf Daßlitzer Grund und Boden zu errichten. Da aber das Baumaterial über Nacht auf geheimnisvolle Weise durch unsichtbare Hände zerstört wurde, bekam Nitschareuth die Kirche.
Die Kirche:
Das Baujahr des ursprünglichen Gotteshauses, das am oberen Dorfrand errichtet wurde, ist, wie bei allen Dorfkirchen im Greizer Land, nicht bekannt. Sicherlich aber stammen die beim Neubau von 1658 benutzten Grundmauern noch aus der Gründungszeit. Es spricht für die Wohlhabenheit der Gemeinde, dass sie bereits zehn Jahre nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges aus eigenen Mitteln eine neue Kirche aufbauen konnte. Langhaus und eckiger Chorteil gehen nahtlos ineinander über und werden von einer Balkendecke überspannt. Der kleine Turm aus beschiefertem Achteckgeschoß, Schweifkuppel, Laterne und Kuppelchen ist als Dachreiter aufgesetzt.
Je eine Tür an der Südseite und im westlichen Fachwerkvorbau führen in das Schiff und auf die Emporen, deren Brüstungsfelder Malereien aus späterer Zeit enthalten. Orgel, Taufe und Altar zeigen nichts Besonderes, haben aber bei den Renovierungsarbeiten im Jahr 1966 durch lichte Farbgebung bedeutend gewonnen. Der einfache Altar aus Holz erhielt einen großen eindrucksvollen Kruzifixus, den die Künstlerin Elly-Viola Nahmmacher für dieses Gotteshaus schnitzte.
Von besonderem historisch-künstlerischen Wert ist die an der Südseite angebrachte Kanzel in ihrer reichen barocken Ausstattung. Sie stammt aus der ehemaligen Schlosskirche zu Rothenthal bei Greiz und wurde nach deren Aufhebung im Jahr 1733 der Kirchgemeinde Nitschareuth geschenkt. Die in fünf Seiten des Achtecks gebildete Kanzel ruht auf einer über einer Mittelstütze liegenden Konsole mit Engelsköpfen. Die von Säulen abgegrenzten Felder zeigen die Figuren Jesu Christi und der Evangelisten. Von gleich guter Ausführung ist die Kanzeltreppe, deren Seitenwange als geschnitzte Bretterwand den Kanzelfeldern in der Gliederung entspricht und die Figuren von Mose, Aaron, Elia, Luther und Melanchthon in guter Profilierung zeigt.
Heute steht der Ort Nitschareuth unter Denkmalschutz, seine gut erhaltenen und restaurierten Fachwerkbauten finden viele Bewunderer. Die schöne und saubere Kirche wird auch wegen ihrer alten und neuen Kunstdenkmäler besucht. Die Gläubigen aus Nitschareuth, Daßlitz, Neumühle und Brettmühle suchen und finden in ihr mehr.
Nach: P. Heller / G. Herz / H. Warmuth: „Kirchen im Greizer Land“, Evangelische Verlagsanstalt Berlin